Chancen der Digitalisierung

Chancen für Lernende und Lehrkräfte

Chancen der Digitalisierung

Zwei Welten

Heutige Arbeitnehmer leben im überwiegenden Teil in einer digitalisierten Welt. Das papierlose Büro ist längst die Norm. Selten werden noch Papiere in Akten geheftet. In der Regel geschieht dies nur noch aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungsregeln. In den meisten Schulen hingegen schleppen sich Lernende morgens noch mit schweren Rucksäcken in den Unterricht um seitenweise analoge Printmedien zu lesen. Die Schulbibliothek vergibt dutzende Bücher an Schüler und Lehrkräfte führen meist analoge Klassenbücher. Wenig überraschend gibt es also eine Divergenz zwischen Berufswelt und Schule.

Unterhaltungssoftware bedeutet nicht gleich Medienkompetenz

Der Unterschied zwischen digitaler Berufs- und analoger Bildungswelt ist für den Erwerb von Grundfähigkeiten für Lesen und Schreiben vielleicht nicht schlimm, aber spätestens ab der Mittelstufe möglicherweise eine vertane Chance für Lernende. Natürlich nutzen viele Heranwachsende in ihrer Freizeit digitale Endgeräte, gehen in die Cloud und surfen im Web. Man könnte somit meinen, Schule müsse sich nicht um digitale Bildung ihrer Lernenden kümmern. Allerdings nutzen Heranwachsende laut Studien digitale Medien primär für Unterhaltungszwecke. Das bedeutet: Unsere Kids können Rocket League, WOW und Counterstrike spielen, sowie Snapchats posten, aber haben wenig bis keine Ahnung von Office Programmen und dem kritischen Umgang mit Medien und Quellen. Auch die Arbeit in Teams erfolgt in der Wirtschaft bereits oft virtuell über Teamkollaborationssoftware wie z.B. monday.com, MS Teams, just. In der Schule gibt es zwar viele Teamarbeiten, diese aber meist in analoger Weise. Hier bietet die Digitalisierung für Schulen eine Chance näher an die berufliche und universitäre Lebenswelt heranzurücken. Schulen, die es schaffen die Digitalisierung in den Alltagsunterricht zu integrieren und nicht nur dem Informatikunterricht zu überlassen, erziehen mündigere digitale Bürger mit mehr praktischen Fähigkeiten für das Büro von morgen.

Nachhaltigkeit

In Zeiten von Fridays for Future und Greta Thunberg ist Nachhaltigkeit in Gesellschaft, Politik und auch Bildung in aller Munde. Viele Schulen initiieren Müllsammelprojekte um nachhaltige Erziehung zu fördern und auf Müllprobleme hinzuweisen. Lehrpläne im Fach Politik berücksichtigen das Thema Nachhaltigkeit ab der 12ten Klasse intensiv. Im Gegensatz dazu bilden sich an den meisten Kopierräumen von Schulen morgendliche Schlangen. Lehrkräfte drucken die für den Unterricht nötigen Arbeitsblätter, Klassenarbeiten und Informationszettel. Unmengen an Papier und Bäume werden gefühlt durch den Drucker gezogen, um oftmals nach wenigen Monaten wieder im Papierkorb zu verschwinden. Zwar kann man hier argumentieren, das Holz als solches ein nachwachsender Rohstoff ist, dennoch ist die Umweltbilanz bei der Herstellung negativ.

Die Digitalisierung des Lehralltages bietet eine nachhaltigere Alternative zu dieser Praxis. In Tabletklassen werden heute schon außer bei Klassenarbeiten, keine Papiere mehr ausgedruckt. Unterrichtsunterlagen werden komplett digital zur Verfügung gestellt und auch digital von den Lernenden bearbeitet. Besonders Vorteilhaft ist dies unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Nachdem die Informationen nicht mehr gebraucht werden können sie einfach gelöscht werden. Ein direkter Müllberg entsteht so nicht. Selbstverständlich bleibt natürlich das Thema der Stromkosten für Geräte, Cloud, sowie der Herstellungsprozess der digitalen Endgeräte ein Punkt des Nachdenkens.

Zeitersparnisse

Schulen und Lehrkräfte verwenden einen Großteil ihrer Energie auf administrative Prozesse. Die Ausgabe von Vertretungszetteln und Eventinformationen, die Mitteilungen über Änderungen der Schulordnung usw..

Angefangen bei der Stundenplanerstellung bis hin zu der Verwaltung der E-Maileingänge und der Noteneingabe bietet Digitalisierung die Chance zur Vereinfachung durch Automatisierung und Kürzung der Informationswese. Viele Schulen nutzen bereits vereinzelt digitale Tools um Aufgaben zu beschleunigen. Dabei sind viele der eingesetzten Programme untereinander jedoch nicht vernetzt. Die Wirtschaft setzt für viele Abläufe bereits künstliche Intelligenz ein um Routineprozesse wie Callcenter zu automatisieren. Unternehmenssoftware ist in der Regel über große Datenbanken wie SAP oder Oracle an alle wichtigen Softwareschnitstellen gekoppelt. Auch in Schulen bieten sich mit den Fortschritten von deep learning Chancen beispielsweise Mailtraffic und Anrufe automatisiert abzuwickeln und weiterzuleiten. Bei dem Thema Schülerdaten ist dies aufgrund von Datenschutz leider nicht so einfach.

Wo früher Fachschaften ganze Räume für alte Prüfungsunterlagen genutzt haben, kann heute Platz eingespart werden. Gemeinsame Unterrichtskonzepte und Unterlagen können in der Cloud geteilt, bearbeitet und geplant werden. Bei vermehrtem Einsatz von Videokonferenzen und Streaming wäre es möglich einen Teil der schulischen Regelkonferenzen in den digitalen Raum zu verlegen. In der Wirtschaft sind nicht bei jedem Meeting alle Teilnehmer physisch vor Ort, in der Schule schon. Dies frisst Zeit, die bei der Vorbereitung von Unterricht fehlt.

Aktivere Inhalte

Viele Menschen kennen Unterricht bei dem Lehrkräfte seitenweise Inhalte an die Tafel schreiben. In höheren Schulformen wird dieser Prozess durch die Bearbeitung von langen Texten im EVA (Eigenverantwortlichen Unterrichten) abgelöst. Dies ist natürlich nicht sehr motivationsförderlich für Lernende. Die Arbeit mit digitalen Endgeräten erlaubt es hingegen mehr Inhalte in visueller und akustischer Form zu vermitteln. Studien belegen, dass heutige Jugendliche mehr dazu neigen Inhalte in audiovisueller als Textform aufzunehmen. Man kann sich nun darüber streiten, ob dies ein erwünschter Effekt ist. In jedem Fall ist es die Realität der Lernenden. Hier bietet es sich mittels digitalem Unterricht an, Lernende da abzuholen, wo sie stehen. Auch Umfragen unter Lehrkräften zeigen, dass eine bessere Aktivierung von Lernenden eine der Hauptgründe für den Einsatz digitaler Methoden darstellt.

Arbeitsdisziplin

Erste Erkenntnisse aus dem Unterricht in einer Tabletklasse (11te Klasse Berufsschule) zeigen mir, dass Lernende insgesamt motivierter an Arbeiten und Hausaufgaben herangehen, wenn der Unterricht vollständig digitalisiert wurde. Zudem ist durch die Möglichkeit der Überwachung der Ergebnisse seitens der Lehrkraft mehr Willen zur regelmäßigen Hausaufgabenerledigung zu sehen. Während in vielen Klassen Lernende Hausaufgaben nicht erledigen, ist der Erfüllungsgrad in einer Tabletklasse bei nahezu immer 100%. Dies war eine sehr unerwartete Erkenntnis. Es scheint als motivierten eigene Endgeräte und die Möglichkeit seine Aufzeichnungen immer dabei und leserlich ordentlich zu haben.

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